Rodenstein und Schnellerts |
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Rodenstein und Schnellerts Auf der Bollsteiner Höhe im Odenwald ist ein Bergvorsprung, den man >>Schnellerts<< nennt. Im Mittelalter stand dort eine Burg. Jetzt sind nur noch wenige Ruinenreste vorhanden. Diese Burg ist in der Sage viel verbunden mit einer andern Feste des Odenwalds, dem >Rodenstein.« Die Odenwälder erzählen, dass in den Trümmern der Schnellertsburg ein Geist hause, der immer, wenn vom Rhein her ein Krieg drohe, sich rege und mit großem Gefolge, lärmend wie der wilde Jäger, nach dem Rodenstein abziehe. Sobald die Kämpfe vorüber seien, kehre der Geist mit großem Getöse
wieder nach dem Schnellerts zurück. Eine Ballade Josefine Scheffels, der Mutter des bekannten Dichters. J. V. von Scheffel, weiß darüber zu berichten: Horch auf, was klirrt an Riegel und Gruft? Was zischt und sauset durch die Luft? Das muss der wilde Jäger sein, Er zieht vom Schnellert zum Rodenstein, Hussa, zum Rodenstein. Im Schnellert, da schlief er manch ein Jahr, Reibt sich nun wieder die Augen klar. Die Friedensburg steht öd und leer, Der Jäger zieht mit dem Geisterheer, Zieht mit dem Geisterheer. Er reitet voran auf schwarzem Ross, Hallo! wie saust ihm nach der Tross! Es rauscht und spricht — es pfeift und knallt, Das drob ertönt der Odenwald, Der weite Odenwald. Der Jäger auf dem Rappen fein, Das ist der Ritter von Rodenstein. Und wenn er durch die Lüfte fegt, Ist,s Zeit, dass man die Schwerter regt, Das man die Schwerter regt! In der schlichten Volksüberlieferung aber wird der Ritter meist >Schnellertsherr<< genannt. Von ihm erzählt die Sage: Viele Wanderer, die den Schnellerts bestiegen, hörten dort einen lieblichen Gesang, und zwar waren es gewöhnlich Kirchenlieder, die sie vernahmen. Diese Töne schienen aus dem Berg zu kommen, doch ist es nie jemand gelungen, in das Innere des Berges zu dringen. Oft krähte auf dem Gipfel des Berges, da, wo die Ruinen der Burg sich erheben, dem Menschen unsichtbar, der Hahn, und dieser ungewöhnliche Schrei auf Bergeshöhen hat schon manchen sehr erschreckt. So waren einmal Leute zu einer Holzversteigerung droben versammelt, und eben bot der Förster eine Fuhre aus, als der Hahn krähte. Großer Schrecken fuhr den Bietern in die Glieder, im Nu war der Platz leer, und selbst der Förster hatte nicht den Mut zu bleiben. Ein Förster in Stierbach erwartete eines Tages seinen Vorgesetzten zu einem forstlichen Geschäft. Da tiefer Schnee lag und der Oberförster lange auf sich warten ließ, glaubte der Förster zuletzt, sein Vorgesetzter werde nicht kommen, und ging nach Hause. Dort schaute er noch ein paarmal durch das Fenster, von dem aus man eine Seite des Berges übersehen konnte, und bemerkte endlich einen Reiter der auf dem gewöhnlichen Burgweg ritt. Im festen Glauben, es sei der Oberförster, warf der Förster die Büchse um und eilte dem Reiter entgegen. Doch zu seinem größten Erstaunen sah er ihn nicht mehr, fand auch nicht die geringste Spur eines Pferdehufes im Schnee. So blieb für ihn kein Zweifel, dass er den Berggeist von Schnellerts gesehen habe. Eine Frau aus der Haal, einem Hof in der Nähe des Schnellerts ging spätabends noch außerhalb des Hauses umher. Da kam es ihr vor, als ob sie jemand stark anhauche. Als sie sich umschaute, bemerkte sie, daß sie unter dem Hals eines Pferdes stand, auf dem ein Reiter saß. In ihrer Angst betrachtete sie weder Pferd noch Reiter näher, sondern lief ‚in die Stube zurück. Hier sagten ihr die Hausleute, es habe soeben dreimal derart an einen Pfosten geschlagen, dass die Fenster klirrten. Dies pflege der Schnellertsgeist zu tun, wenn er durch die Haal fahre. Als die Leute herausliefen, gewahrten sie nichts mehr, hörten aber am andern Morgen, wie der Geist, vom Rodenstein kommend, auf den Schnellerts zurückfuhr. Die Hofreite in Brensbach, durch die der Geist aus dem Schnellerts seinen Zug genommen haben soll, liegt im oberen Teil des Ortes. Der Besitzer der Hofreite, durch dessen Scheuer der Berggeist zu ziehen pflegte, beabsichtigte einmal, am Morgen vor Tagesanbruch über Feld zu fahren. Er bat daher seine Frau, sie möge früh aufstehen, um ihm sein Frühstück zu bereiten. Als er dann am andern Morgen auf dem Weg zum Pferdestall durch die Küche ging, sah er zu seiner Verwunderung ein großes Kohlenfeuer auf dem Herd. Nachdem er die Pferde gefüttert hatte, mahnte er seine Frau, jetzt aufzustehen, da sie noch Feuer auf dem Herd habe. Als aber die Frau aufgestanden war und die Morgensuppe kochen wollte, fand sie keinen Funken Feuer mehr vor. Die frische Glut, die der Bauer gesehen hatte, stammte von dem wilden Heer, das in der Nacht in der Küche gewirtschaftet hatte. Es war gar nichts Seltenes, dass die Geister nachts in diese Küche einkehrten, Kessel über das Feuer hingen und kochten, weiters auch Schüsseln und Teller nahmen und Mahlzeit hielten. So trieb es der wilde Geisterzug zwischen Schnellerts und Rodenstein lange Jahre, und das Volk weiß noch heute manches darüber zu erzählen. |