<%@LANGUAGE="JAVASCRIPT" CODEPAGE="65001"%> Die Götter und ihre Feinde

Die Götter und ihre Feinde

 

Mitten im Weltall ragt der Berg Meru in den Himmel und durch die Erde in die Unterwelt. Er ist der geheiligte Sitz der Götter, den Sonne, Mond und Sterne voll Ehrfurcht rechtshin umwandeln und von allen Seiten mit ihrer Lichtflut umspülen. Wie Strahlen um einen Stern, liegen die Erdteile um ihn. Auf seinen Höhen wohnen die Götter unter der Herrschaft des kriegerischen Indra. Schakra, der Mächtige, heißt er allen, denn er hat die schrvankende Erde befestigt und das Blau des Himmels darüber gespannt. Er verteidigt sie gegen Daitia und Danawa in ruhmreichen Kämpfe und segnet sie mit fruchtbringendem Regen in schenkendem Frieden. Die Wasu oder Erdengötter, die Rudra und Maruta, Wind- und Wettergötter, die lieblichen Apsaras, himmlische asserjung- frauen und des Himmels Spielleute: die Gandhaiwra, sie alle ziehen in Indras Gefolge einher und beglücken Mensch und Tier, Baum und Gras, ja den ürstenden Sand in der Wüste mit ihren freundlichen Gaben. Schatschi, die Macht, ist des Götterkönigs Gattin, ein ragendes Beispiel weiblicher Treue. Sie kost mit dem geliebten Gatten, wenn er aus der Schlacht kommt, sie schmückt ihm den Herdsitz, wenn er ruht nach friedlicher Reise, auf der er Flüsse, Seen und Teiche gefüllt und nach der Ordnung in den Reichen der Erde gesehen hat. Der große, blonde Sohn der Aditi ist der Vorkämpfer der Götter, wenn die Dämonenscharen der Diti- und Danusöhne sich gegen den Himmel wälzen. Er ist Meister aller Waffen, und siebenfarbig ist sein großer Bogen, der nach dem Kampf am Himmel hängt. Varuna steht neben Indra, der mächtige Herr der Gewässer. Sein Reich ist das unendliche Meer mit all seinen Schätzen und die gevraltigen Ströme, die flinken Wasser der Erde. Geheimnisvoll wirkt er noch in dem kleinsten Grashalm, denn seinem Gesetze gehorcht alles Leben. Er ist ein mächtiger Hüter der Menschheit und wacht über ihre Sitte: Der Unklarheit, der Unwahrheit ist er feind und straft sie mit Krankheit und heillosem Siechtum. Agni, der milde Gott des Feuers, ist des Götterkönigs getreuer Freund und Kampfgenosse. Sein Wagen ist mit roten Stuten bespannt und so stürmt er die hölzernen Burgen der Feinde. Er ist der ewig Junge, der sich stets erneuert! Gerne wohnt er bei den Menschen und trägt ihre Opfer zu den Göttern.
Auch Agni ist ein Freund der Wahrheit, und die Liebe zu ihr hat einst den Fluch eines Heiligen auf ihn geladen :

Der Seher Bhrigu warb um Puloma, die Braut eines Riesen, und führte sie als Gattin in seine Einsiedelei. Verzweifelt irrte der verlassene Riese durch die Wälder, und als er zufällig die leere Klause des Heiligen betrat, warf er sich betend vor dem flackernden Hausfeuer nieder und flehte Agni um Wahrheit an: »Wo ist Puloma? — Du schwarzpfadiger Gott! wo weilt sie, deren liebliches Lachen mir eine glückliche Zukunft verhieß? Sprich, du Siebenzüngiger, vor dessen Sitz die Ehen geschlossen werden: War sie die Meine, da sie sich mir versprochen? — Ward sie mir nicht geraubt? — O du, der du die ganze Welt durchziehst, der du in Sonne, Mond und Sternen bist wie in dem kleinsten Spanlicht, im opferfressenden Feuer wie im winzigsten Tröpflein Blut — du Allesseher! gib mir Wahrheit: wo weilt Puloma und ist sie die Meine?«
Um der Wahrheit willen sagte Agni, daß Puloma des Riesen Weib sein müßte, daß sie aber nun als Gattin Bhrigus in der Einsiedelei hause. Da verbarg sich der Riese in der Nähe und raubte die Heimkehrende ihrem Gatten.
Als Bhrigu sah, dass er sein Weib verloren hatte, verfluchte er den schwatzhaften Agni! »Werde zum verachteten Allesesser! verzehre, was du berührst — sei es rein oder unrein, erlaubt oder verpönt vom religiösen Gesetz — dich soll danach hungern, mundschneller Gott! — selbst Leichen sollen dir noch als köstliche Speise munden!«
Entsetzt floh Agni vor dem Fluch des zürnenden Heiligen und verbarg seine Schmach im Meer, da der Hohn seiner Feinde ihn >>Allesfresser<< nannte. Mit einem Schlag hörten alle Opferfeuer zu brennen auf, die Götter hungerten, und die Menschen verkarnen in Sittenlosigkeit.
In dieser Not baten die sieben Heiligen Brahrna um Hilfe, denn ein feierlicher Fluch nimmt unaufhaltsam wie das Schicksal seinen Lauf: Das schnelle Wort kann nicht zurückgenommen, nur in seiner Wirkung gemildert werden.
Und der Allmächtige rief Agni vor sein Angesicht und sprach zu dem Betrübten; »Du wirst bis ans Ende der Zeiten dem Fluche folgen und verzehren, was du berührst! doch ich schenke dir auch die Gabe, zu reinigen, was du berührst. So bist du zwar ein Allesesser, aber nichts Unreines wirst du essen, denn deine Berührung reinigt alles!« Pavaka, der Reiniger, heißt Agni seither den Andächtigen.

Yama, der ernste Völkersammler, der über den Tod und das Recht herrscht, ist ein nimmermüder Freund der Menschen und getreuer Hüter der Ordnung. Im Gefolge des schweigsamen Herrschers schreiten die Ahnen und Väter der Lebenden. Seine Boten schweifen über die Erde und führen die Gezeichneten in sein gastliches Haus.
Surya und Soma, der Gott der Sonne und des Mondes, teilen die Ewigkeit, auf dass sie als Zeit geregelt erscheine. Surya ruft täglich zu neuem Leben, und Soma lässt sein balsamisches Licht in die Nächte fließen, auf das die Menschen darin Heilung und neue Kraft finden.
Uschas, die liebliche Morgenröte, erfreut Götter und Menschen, wenn sie das Himmelstor öffnet. Sie sendet alltäglich ihre beiden Reiter aus, um Verzweifelnde aus dem Schrecken der Nacht zu erlösen. Aswinas heißen die schönen Jünglinge, die auch die Ärzte des Himmels sind.
Kama, der Liebesgott, reitet als ewiger Jüngling auf einem
bunten Papageien und schwingt seinen goldenen Bogen, an welchem eine Schnur wilder Bienen die Sehne ist. Duftende Blüten sind die Spitzen seiner sehnsuchtbefiederten Pfeile, und ihre Wunden heilt allein Kamas Gattin: Rafi, die Lust. Pfischnu und Schiwa, Erhalter und Zerstörer, sind Teile des Schöpfers, sind er selbst, der urewig geheimnisvolle, dreieinige Gott Brahma. Brihaspaü, der weise Sohn des Angiras, versieht als Priester den Opferdienst im Himmel. Er ist der gütige Mittler zwischen den Aditisöhnen und Brahma, dem ehernen Schicksal, dem sich auch die Götter beugen müssen. Nicht sorglos fließt ihr Leben dahin um ihr Dasein, wie die Erdenkinder, und ihre schrecklichsten Feinde sind die starken Söhne der Diti und Dann, die wilden Dämonen der Finsternis, der Dürre, der sengenden Glut. Auf kühner Streife war es einst Bala, dem Danawafürsten, gelungen, die Kühe der Götter zu rauben und sie in der weiten Höhle eines Berges einzuschließen. Indra zog an der Spitze des Götterheeres aus, diemilchspendenden Freunde aller Geschöpfe zu befreien und die Frevler zu strafen. Auf seinem edelsteingeschmückten Streitwagen, mit den goldenen Radbüchsen und Schienen, brauste der starkarmige Götterkönig durch die Luft, in seinem Gefolge die flechtentragen- den Windgenien in gedeckten Fellen, mit goldenen Helmen und Lanzen, die weithin über den Himmel glänzten. In heißem Pfeil— und Speerkampf wurden die Danarva zurückgedrängt und der dreiköpfige Wischwarupa von Indra im Keulenkampf erschlagen. Ein Wurf mit der nie fehlenden Indralanze spaltete den Berg und befreite die Kühe, so dass sie ihr Labsal über die ganze Erde ergießen konnten.

Doch bald darauf führte Bala seine Dämonenscharen aufs neue gegen den Meru. In heißer Schlacht entriss er dem Indra die Herrschaft über die Erde und flehte in brünstigem Opferdienst, dass Brahma ihn in dem neuen Besitz erhalte. Da erschien Wischnu in Zwergengestalt, mit der weißen Schnur des Brahmanenstandes um die Brust, vor dem Opfernden, gewann in weiser Rede die Gunst des mächtigen Dämonenfürsten, und als dieser dem Lobredner eine Weihgabe bot, bat Wischnu, ihm drei Schritte Landes zu schenken. Gerne bewilligte der Fromme dem priesterlichen Zwerg diese Bitte. Vor den Augen des Dämonenfürsten wuchs nun der Gott ins Unendliche und nahm mit drei Schritten die ganze Welt! 17 Indra, dem Götterkönig, hat er sie wiedergegeben! Mit Agni‚ dem kühnen Freund, zog nun Schakra abermals gegen Bala und schlug das Heer der Dämonen aufs Haupt, dass seine Herrschaft aufs neue befestigt war. Indessen wuchs dem gewaltigen Herrn des Himmels in Writra, dem Fürsten der Kalakeya, einem riesengeschlecht der Danawa, ein schier unbezwinglicher Gegner heran. Writra wälzte n1it seinen Riesen Berge gegen den Meru, dass die Erde erzitterte. Darauf stürmten die Kalakeya vor und warfen sich gegen die Götter. Der Meru schien in lohenden Flammen zu stehen, so funkelten die goldenen Panzer, die eisernen Keulen der Danawa. Tapfer wehrten sich die Götter, und zu Hunderten und Tausenden fielen die abgehauenen Köpfe der Riesen aus der Luft. Aber Writras Kühnheit hatte unzählige Scharen der Dämonen angelockt und die Götter wurden zurückgedrängt. Als stürzten Berge ein, so tobte es in den Lüften beim Zusammenstoß der
feindlichen Helden. Vergebens stritt Indra mit all seiner Tapferkeit und Stärke, mit allen seinen göttlichen Waffen gegen Writra. Der Danawa in seiner goldenen Wehr schien unverwundbar, und sein gellender Schlachtschrei trieb die Seinen zu tollster Kampfeswut und entmutigte die göttlichen Heerscharen. Da trat Indra vor Brahma, um von dem Allmächtigen Rat zu erbitten. Brahma wusste, warum der Götterkönig vor ihm stand und sprach:

>>Lass aus den Knochen eines Sündenlosen eine sechszackige Keule machen: damit wirst du Writra töten!«
Die Götter baten darauf den Heiligen Dadhitscha, ihnen zu
helfen, und willig opferte der Edle sein Leben zum Heile der Welt. Twaschler, der Götterschmied, verfertigte aus den Knochen des Sündenlosen den Sechszack, und, wieder voll Mut, warfen sich die Götter den Dämonen aufs neue entgegen. Furchtbar war der Anprall Leib an Leib! wieder schienen die Danawa die Stärkeren zu sein, die Götter weichen zu wollen. Schon klang Writrus Kriegsschrei wie ein Sieges jauchzen - da ‘warf Indra den Sechszack:
Schauerlich rollte der erste Donner durch die Lüfte, die
Danawascharen mit Entsetzen erfüllend. Writra sank mit
gespaltenem Schädel zu Boden und war tot! Jetzt drangen die göttlichen Heerscharen auf die entsetzten Dämonen ein und schlugen ihrer viele Tausende nieder. Heulend flohen die letzten vom Schlachtfeld und verbargen sich voll Angst im Meer. Seither ist der Donnerkeil Indras Lieblingswaffe. Freundlich spricht er mit dem Zackigen vor der Schlacht, und dieser glüht vor Kampfeslust in Schakras Hand, wenn der Feind sich naht. Ein mächtiger Helfer gegen die Dämonen erstand bald darauf dem Götterkönig in dem Kriegsgolte Skanda: Agni hatte beim Opfer die Gattinnen der sieben heiligen Seher erschaut, und sein Herz entbrannte in heißer Liebe zu den holden Frauen. Seufzend und sinnend zog er sich in den Wald zurück und fand keinen anderen Gedanken, als den an die tugendhaften Schönen, die er ewig meiden musste. Svaha, des Feuergottes Gattin, erkannte in ihrem liebenden Herzen den Kummer des Gemahls, und, um den Treulosen nicht zu verlieren, nahm sie die Gestalt der Gattin des ersten Sehers an und ging am Morgen zu Agni in den Wald. Voll Freude umarmte der Verliebte seine Gattin und verlebte den ganzen Tag in Lust und Freude mit ihr, olme sie zu erkennen. In der Dämmerung aber schlich Svaha ins Dickicht, verwandelte sich in einen Geier und flog nach dem Berge Sveta. Dort ruhte sie die ganze Nacht in einem goldenen Bett, von Schlangen und Geistern bewacht. Am nächsten Morgen flog sie nach dem Wald zurück und nahte sich ihrem Gatten als Frau des zweiten Sehers. Wieder verlebte sie unerkannt einen glücklichen Tag mit Agni. Und wieder ruhte sie des Nachts in ihrem goldenen Bett auf dem Berge Sveta. Und noch viermal gelang es ihr, den geliebten Galten zu täuschen. Nur die Gestalt der Arundhati, der Gattin des siebenten Sehers, konnte sie nicht annehmen: Ihre Zauberkraft versagte vor der unendlichen Liebe der beiden Gatten zueinander!
Die ersten sechs Seher aber hörten von den schwatzhaften
Tieren des Waldes, dass ihre Frauen sich mit Agni belustigt hatten, und jagten die Ungetreuen aus dem Hause. Unschuldig verdammt, irrten die Unglücklichen durch die Welt, bis Brahma sie als Sternbild an den Himmel setzte. Svaha aber gebar auf dein Berg Svela den sechsköpfigen Skanda. Dann flog sie als Geier davon, und niemand kannte die Mutter des starken Gottes, der in vier Tagen zum Manne erwachsen war. Um diese Zeit raubte der Dämon Keschin Dewasena und Daitiasena‚ die Tochter des Schöpfers Pratschapali. Indra besiegte Keschin und löste die Fesseln Dewasenas, während der starke Dailiafürst mit der Schwester der Befreiten entfloh. Weinend beklagte sich die herrliche Dewasena das Los der
Unglücklichen und schwor, nur den zum Gatten zu nehmen, der stärker als Götter und Dämonen sei. ' Da trat der sechsköpfige Skanda auf den Plan. Voll Kühnheit verfolgte er den Entführer und besiegte ihn nach heißen Kampf. Dann drang er weit in das Reich der Daitia ein und schlug Bana, den Solm Balas, in schwerer Schlacht. Als der Dämonenfürst sich voll Angst in den Berg Krauntscha erkroch, spaltete der Gewaltige das Gebirge und tötete den Feigen durch einen Lanzenwurf. Indra‚ Schiwa und viele andere Götter hatten sich dem kühnen Skauda angeschlossen und lieferten den Dämonen blutige Schlachten. Nun trat der Riese Mahisa an die Spitze der Dämonen und führte eine Schar ihrer Besten zum Angriff. Mit unwiderstehlicher Kraft fraßen sich die kühnen Recken in das Götterheer und drohten es zu vernichten. Bis dicht vor den Streitwagen des gewaltigen Schiwa rollte die feindliche Woge. Da tötete Skandas Lanze den Mahisa, der seine Keule schon gegen Schiwa erhoben hatte. Dann sprang der Starke unter die führerlose Schar und warf sie mit dem Schwert, wie der Schnitter die Halme. Der Riese Taraka stellte sich dem Sechsköpfigen entgegen: ein furchtbares Ringen hob an, und die Erde erdröhnte von dem Gestampf der beiden gewaltigen Kämpfer. Doch der sechsfachen Kraft des Gottes war keiner gewachsen: Skanda erwürgte den Riesen wie einen tollen Hund.
Indra neigte sich vor dem gewaltigen Kämpfer und bot ihm
seine Herrschaft an, doch Skanda wie sie aus Ehrfurcht vor dem mächtigen Writratöter zurück und bat nur, ihm die Führung des Götterheeres anzuvertrauen. Seither ist Skanda Indras starker und kluger Feldherr und der glückliche Gatte der Dewasena, die ihn stärker als alle Götter und Dämonen gesehen hat. Der rote Hahn, das Banner, welches Skanda von Agni erhalten hat, zieht dem Heere der Götter voran.