<%@LANGUAGE="JAVASCRIPT" CODEPAGE="65001"%> Die zwölf Jahre

Die zwölf Jahre

 
Die verbannten Pandava wanderten bis an die Sarasvati und
siedelten sich im Kamjakawalde an. Viele Brahmanen waren bei ihrem König geblieben, denn der fromme Sohn des Rechtsgottes hatte mit aller Ehrerbietung den ganzen Priestersland ausgenommen, als er um Reich und Volk würfelte. Nun quälten ihn Sorgen um die Ernährung der großen Schar, deren natürliches Haupt er als Ältester der Pandava war. Ehrfürchtig neigte er sich in demütigem Opferdienst vor Surya, dem Sonnengott, dessen freundlicher Blick allem Lebenden die Nahrung bereitet. Der Tausendstrahlige erhörte sein Flehen und schenkte ihm einen kupfernen Kochtopf, der sich unter den sorgenden Händen Draupadis zu jeder Mahlzeitstunde mit Früchten, Wurzeln, Fleisch und Gemüse füllen sollte. Mochten auch tausend und abertausend zur Mahlzeit kommen, es brauchte doch keiner hungrig vom Tische zu gehen. Und die Schar um die Verbannten wuchs von Tag zu Tag: Die Fürsten der Wrischnier, der Bodscha, der Andhaka kamen, Dhrischtadjumna mit den Pantschalerrecken, Dhrischtaketu, der neue König von Tschedi, die Fürsten von Kaikeya und andere Freunde und Verwandte der Pandava.
Endlich erschien auch Krischna und bat, sein langes
Fernbleiben zu entschuldigen:
Schalwa, der Herr der fliegenden Stadt, hatte seine Residenz
Dwaraka belagert. In kühnen Ausfällen war der Feind
zurückgeschlagen worden, Schalwa mußte fliehen — weiter, immer weiter, verfolgt von Krischnas Streih-vagen. Endlich, die Stadt schwebte schon über dem Ozean, hat ein Wurf mit dem göttlichen Diskus sie zertrümmert ins Meer geschleudert und Schalwa getötet.
Nun sei der Freund der Pandava da, um mit ilmen gegen die
Kaurava zu ziehen! "Gut so, Krischna!" jubelte Bhima, "sage es dem Lämmlein Judhischthira, daß wir endlich zu den Waffen greifen wollen. Beim Indra! man würde hier sterben vor Langeweile, gäbe es nicht manchmal einen Menschenfresser zu erwürgen, wie unlängst den Riesen Kirmira, den Bruder der groben Vaka, der mich einst beim Essen störte!«
»Ich habe gelobt, dreizehn Jahre in Verbannung zu leben, ich
will es auch redlich halten! >> sprach Judhischthira ernst.
>>Ach, dreizehn Jahre!« schalt Bhima. >> Tag im Elend, gilt für ein Jahr im Glück, sagt ein frommer Spruch! — Wir sind schon hundert Jahre in Verbannung! «
» Recht muß Recht bleiben!« sprach Judhischthira. »Ich habe
gespielt und verloren, ich zahle den Einsatz! «
»Ja!« rief Draupadi. »Du hast gespielt, blind wütend gespielt,
und alles verloren! alles — sogar den Mut, den du jetzt als Herr der Sippe doppelt brauchtest! — Sind das meine Gatten — die Stärksten der Erde — die Schimpf und Elend auf mir wuchten lassen wollen durch dreizehn lange Jahre? «
>>Mich schmerzt dein Grarn und Zorn, teure Gattin, doch man
nennt mich den Dharmaradscha, den König der Gerechtigkeit: Nie will ich dagegen sündigen! Recht schützt den König, der das Recht schützt! — Soll ich den Brand ins eigene Haus werfen? — Harret geduldig des Endes, Brüder und Freunde, und stählt eure Kraft im Elend! Bhischma, der unbezwingliche Gangasohn, steht vor dem Thron, dem er sein Leben lang Treue gehalten hat. So auch Drona, unser aller Waffenmeister, und Kripa und der starke König von Anga!
Zieh‘ in die Ferne, Ardschuna, so riet mir ein Weiser, und diene den Göttern. Du wirst von ihnen gewappnet und belehrt werden, denn du sollst unser Hort sein in der blutigen Schlacht, die ein unabwendbares Schicksal der Menschheit verhängt hat! « Diesen Worten prophetischer Weisheit fügten sich auch die Kampffreudigsten. Die Freunde versprachen, im vierzehnten Jahre Heerfolge zu leisten und zogen in ihre Heimat. Ardschuna wanderte allein nach dem Himawat und lebte dort in strenger Buße den Göttern nahe.
Vidura kam nach dem Karnjakawald:
Durjodhana und Schakuni hatten neue Pläne geschmiedet, um
die Pandava aus der Welt zu schaffen; Karna riet stets zu offenem Überfall, und Dluitaraschtra war, vor Schmerz um den
bevorstehenden Untergang seines Hauses, schwächer und
wankelmütiger als je. Als er, Vidura, um des Himmels willen zu Friede und Versöhnung geraten habe, war der Blinde zornig
geworden, hatte ihn Verräter gescholten und zuletzt aus der Stadt jagen lassen.
Doch Vidura blieb nicht lange im Wald: Bald kam Sandschaja,
der Wagenlenker Dhritaraschtnsaäsigtoflnd wachte den edlen Greis in allen Ehren nach Hastinapmamziaiiich Dort fielen die Brüder einander in die Arme und versöhnten sich vor allem Volk. Ardschuna hatte am Fuße des Himax-vat in strenger Bußübung gelebt und in heißem Gebet und frommem Opferdienst die Gnade der Götter gewonnen.
Als ihn einst in der Wildnis ein großer Eber anrannte, brachte er den Wütenden mit einem guten Bogenschuß zur Strecke. Während der blutigen Arbeit des Ausweidens trat ein riesiger Waldmensch, nur mit einer Wildschur bekleidet, aus dem Dickicht und forderte rauhen Tones den erlegten Eber als seine Beute. Lachend wies Ardschuna ihn zurück. Der Waldmensch drohte, heiße Worte des Streites fielen; dann schwirrte Gandiva, und Pfeil auf Pfeil flog auf den Riesen. Doch Wunder: als wären es Reiskörner gewesen oder Steinchen, von eines Kindes Hand geschleudert, so prallten die leichten und schweren Geschosse des göttlichen Bogens von Haut
und Wildschur des Waldmenschen ab. Da griff Ardschuna zum
Schwert und sprang den Pfeilfesten an. Er hätte eher den
schwersten Amboß spalten können, als seinem Gegner die Hautritzen. Wie auf Erz geschlagen, Schollen die wuchtigen Hiebe durch den Wald. Wütend zischte Ardschuna: >>Bist du schuß— und hiebfest, so soll meine Faust dich bezrvingenl<< Dann sprang er dem Riesen an die Gurgel und suchte ihn zu erwürgen. Plötzlich fühlte der Pandava sich von eisernen Armen umschlungen. Vergeblich wehrte er sich dagegen, mit all seiner fast übermenschlichen Stärke. Schon ward das Atmen schwerer und schwerer, schon trübte sich sein Blick, heißes Blut würgte durch die Kehle und quoll zwischen den krampfhaft nach Luft schnappenden Kiefern heraus — dann Schwanden ihm die Sinne. Als Ardschuna erwachte, stürzte er sich dem Gewaltigen zu Füßen und verehrte ihn als Gott.
Und da er das Antlitz wieder erhob, stand Schiwa, der
allmächtige Gott der Zerstörung, in strahlendem Glanze vor dem Verehrenden und lobte seine Tapferkeit und Stärke. Dann führte er den Kampfmüden vor einen See, voll des Göttertrankes Amrita. Zwei Schlangen tummelten sich darin, und Schiwa hieß Ardschuna, sie fangen. Kühn stürzte sich der vom Kampf mit dem Gott Erschöpfte in die Flut und fühlte seine alte Kraft wiederkehren. Rasch ergriff er die anmutig spielenden Tiere und schwamm ans Ufer. Schiwa war verschwunden doch die Schlangen wurden vor seinen Augen zu Pfeil und Bogen. Er hielt die berühmte Schhiwarwaffe, Paschupata, in Händen. Aus dem Walde aber schritten die vier Welthüter und beschenkten den tapferen Bharatasproß mit Zauberwaffen aller
Art: Yama, der Todesgott, gab ihm den alles durchdringenden Stab, Varuna, der Herr der Gewässer, die starken F angstricke, und Kubera, der göttliche Schatzhüter, die Waffe Anthardana, die ihren
Träger unsichtbar macht und ihm Kraft und Stärke verleiht. Indra, der Götterkönig, lud ihn nach seiner himmlischen Stadt Amaravati ein, um ihn dort im Gebrauch der Zauberwaffen zu unterweisen.
Nachdem die Welthüter verschwunden waren, stieg Ardschuna die steilen Hänge des Gandhamadana hinan, um der Einladung seines göttlichen Vaters zu folgen.
Auf dem Gipfel reinigte er seine Seele durch Buße und gedachte im Gebet der Götter und Ahnen.
Auf der von der Mittagssonne vergoldeten Höhe stand der
fromme Held und hob die starken Arme ins endlose Blau. In unendlicher Ferne glaubte er ein kleines Wölkchen zu sehen. Das flog heran, wie vom Sturmwind getragen, und wuchs über den halben Himmel hin. Es waren zehntausend Falben, die Indras Streitwagen zogen. Im weiten Luftmeer wogten Licht und Schatten und glitzernde Goldsäume durcheinander und jagten lautlos daher.
Rasselnd berührten die erzenen Radschienen den Boden, als Matali, Indras Wagenlenker und Bote, den prächtigen Streitwagen vor Ardschuna anhielt. Eine goldene Lotusblume auf blauem Rohr kennzeichnete als Standarte den Kriegsrvagen des W olkenspalters.
Matali sprang herab und neigte sich ehrfürchtig vor dem
Pandavafürsten: >>Indra bittet dich zu Gast, Glückseligerl<< sprach er. »Die Götter
sollen Kuntis starken Sohn sehen!«
Ardschuna hieß den trefflichen Lenker den Wagen wieder
besteigen und die ungeduldigen Rosse zügeln. Dann neigte der fromme Held sich vor dem Geist des Berges Gandhamadana und dankte ihm für die huldvolle Aufnahme. In beredten Worten pries er die Kühle seiner schattigen Haine, das Luft- und Duftmeer seiner sonnigen Triften, die klare Frische seiner Quellen: >>Wie ein
Kind auf dem Schoße seines Vaters, so weilte ich voll Glück auf deinem Haupte, Fürst der Berge ! >>sprach er offenen Herzens und hob zum Abschied die gefalteten Hände an die Stirne. Dann sprang er zu Matali auf den Wagen, und in windschnellem Rosseslauf ging es durch das ewige Blau. Näher und näher kamen sie den Sternen, und Ardschuna sah nun, daß diese kampferschlagene Helden, Büßer und Weise waren, die in strahlendem Glanze zu Tausenden und aber Tausenden durch den
Weltraum wandelten. Matali nannte ihm viele mit Namen und sagte, daß sie alle nur kraft ihrer edlen Taten leuchteten und den Erdenkindern wie kleine Sonnen erschienen. Vor dem Tore der Götterstadt hielt Airawata, Indras schneeweißer Kriegselefant, die ewige Wache. Wie staunte Ardschuna über das vierzähnige Tier, das wie ein Berg an der Straße stand.
Mit jauchzendem Heilruf begrüßten Götter, himmlische
Spielleute, Sonnen und Sterne, Nymphen, Windgenien und
Morgenrotreiter den edlen Sohn der Kunti. An der großen
Sternenheerstraße, unter den ewig blühenden Bäumen, die dem Verlangenden, je nach seinem Wunsche, Früchte aller Art spenden, standen Feen und Geister zu Tausenden und jubelten dem tapferen Indrasproß zu.
Der Götterkönig schritt dem Sohne entgegen, unter dem goldgelben Baldachin, dem uralten Zeichen der Königswürde. Fächer an goldenen Stielen wehten ihm himmlische Düfte zu und die klingenden Weisen der Gandharva erfüllten die Luft mit Wohlklang. Nachdem der Donnerer seinen Sohn umarmt hatte, führte er ihn vor den vielbesungenen Indrathron und ließ ihn an seiner Seite sitzen. Voll Liebe strich die Hand, die sonst den Donnerkeil gegen die Götterfeinde schwang, über die starken Arme des Heldensohnes. Wie Sonne und Mond strahlten die beiden auf dem Thron durch den Himmelsraum. Götter und Genien brachten dem edlen Geiste Ehrengeschenke, und zu den frohen Weisen der Gandharva tanzten die Apsaras einen anmutigen Reigen: allen voran die ewig junge und schöne Urwasi, die einst als Erdenweib die Gattin eines Bharata gewesen und so eine Ahnfrau des tapferen Pandava war. Als das Fest zu Ende war, führten die himmlischen Jungfrauen den Gast in Indras Palast. Unvasi, die Schönste von allen, und ihre Führerin, bat den starken Pandusohn unter holdem Erröten, sie zum Weibe zu nehmen . Im Innersten bewegt ob der Lieblichkeit der Götter Jungfrau, gedachte der Wedakundige doch der strengen religiösen Pflicht und mußte die Ahnfrau, die im vollen Zauber ihrer ewigen Jugend vor ihm stand, mit ehrerbietigen Worten zurückweisen. Schmerzlich zuckte es da um die schönen Lippen der Göttlichen. »Weh' mir allzu schwachem Weib! und weh‘ dir allzu starkem Mann!« rief sie. >>Mögest du als Frauenwächter dienen und tanzen und springen müssen wie ein Ehrloser für diese Kränkung meines liebevollen Herzens!« Weinend zog sie sich mit ihren Frauen zurück und überließ die Betreuung des Pflichtenkenners den dienenden Geistern. Fünf Jahre lang lebte Ardschuna in der Götterstadt Amaravati und übte sich im Gebrauch der göttlichen Zauberwaffen. Sogar den Donnerkeil hatte ihm Indra anvertraut und den kühnen Kuntisohn in der Führung dieses Dämonenschreckens unterwiesen. Tschitrasena, der Gandhawerkönig und Herr der himmlischen Spielleute, mit dem Ardschuna einst an der Ganga einen harten Strauß bestanden und sodann innige Freundschaft geschlossen hatte, lehrte ihn Lautenschlag und Flötenspiel und den anmutigenReigen über den Anger führen. Götter und Genien wurden ihm gute Freunde und liebe Gefährten bei Arbeit, Lust und Spiel wie bei festlichen Somagelagen. Oft gedachte er seiner Brüder und Frauen, und als er die göttlichen Waffen so sicher führte wie einst seine irdischen, da litt es ihn nicht länger bei den Freuden des Himmels, denn er wollte die Schmach seines Hauses auf Erden rächen. Ehrerbietig trat er vor Indra und bat den Gastfreundlichen, ihn zu beurlauben. Der Götterkönig pries die Kunst und Tapferkeit des kriegsgewaltigen Sohnes. Er schenkte ihm ein Panzerhemd, das aus zartester Morgenluft gewoben und doch für die schärfsten Waffen undurchdringlich war. Dann gab er ihm eine unzerreißbare Sehne für seinen starken Bogen Gandiva und wand ihm einen goldenen, edelsteinblitzenden Reif um die Stirne. Den Sängern heißt der tapfere Pandava von da an: Kiritin, der Gekrönte! Dann hieß Indra seinen Wagen mit zehntausend pfaufarbigen Rossen bespannen. Matali sollte den tapferen Kuntisohn darin zum Kampf gegen die Niwatakawatscha und die Puloma fahren. Dies waren götterfeindliche Dämonenvölker, die einst, durch jahrtausendelange Askese, von Brahma die Gnade erfleht hatten, daß kein Gott sie besiegen können sollte. Deshalb sandte der Herr der Gewitter den starken und kühnen Erdensohn gegen diese Götterfeinde. Unter Heil- und Segenswünschen der Himmelsbewohner bestieg Ardschuna den Wagen und sah in der Stärke seines Leibes und im strahlenden Glanz seiner Waffen so aus wie der Götterkönig, für den er in diesem Kampfe stehen sollte. Jauchzend hob Matali den goldenen Stachelstock, fröhlich stieß Ardschuna in sein Muschelhom Dewadatta, und schnaubend flogen die Pfaufarbigen die Stemenheerstraße entlang, hinaus ins weite Blau der Luft. Die Niwatakawalscha lebten in einer Stadt mitten im Meer. In sausendem Sturz ging es abwärts. Hei —— wie das klatschte, als die erzenen Radschienen aufs Wasser schlugen. Wie Berge türmten sich rechts und links vom Wagen die Wellen empor, und wie spielende Delphine flogen die flüchtigen Rosse über das Wasser. Dräuend klang Dewadattas erzheller Ton über die Wogen und schreckte die Niwatakawatscha aus der trägen Ruhe ihrer Unbesieglichkeit. Als sie den Wagen des Götterkönigs erkannten, schlossen sie die Tore ihrer Stadt und besetzten die Mauern mit Bogenschützen, Speer- und Schwertträgem. Während Matali die Rosse rund um die Stadt jagte, schoß Ardschuna Pfeil um Pfeil vom Wagen, aus den unerschöpflichen Köchern seines Gandiva. Zu Tausenden fielen nun die tapferen Dämonenkrieger aus der Stadt und überschütteten den kühnen Pandava mit wahren Wolken von Pfeilen, Speeren und Wurfscheiben. Doch der undurchdringliche Panzer hielt stand. Wütend lenkte Matali die Götterrosse in die Feindesscharen, und zu Hunderten und Tausenden fielen die Dämonen unter den Hufschlägen der Pfaufarbigen; über Berge von Leichen rollten die erzschienigen Räder des Wolkenspalters. Doch von den Stadtmauem brausten neue Pfeilwolken heran, und Ardschunas Arm drohte nach stundenlangem Spannen des schweren Streitbogens zu erlahmen. Die Dämonen warfen Zaubergeschosse, die die Schleusen des Himmels zu öffnen schienen, und Ardschuna mußte mit Pfeilen des Feuergottes den Regenguß zum Vertrocknen bringen.Das Auge des Himmels blendeten sie mit ihren Pfeilwolcken,so daß Ardschuna seine alte Kunst, im Finstern zu treffen, gebrauchen mußte. Ein mächtiger Zauber ließ die Niwatakawatschen unsichtbar heranstürmen, doch Ardschunas Schwert mähte die Bedränger dahin. Als sie nun aber Felsen und Berge gegen den Unverwundbaren wälzten, da griff der Gewaltige nach Indras Donnerkeil: knattend zuckten die leuchtenden Blitze vom Himmel und spalteten die Berge, daß die Trümmer mit aller Wucht auf die Stadt der Götterfeinde fielen und alle Dämonen unter sich begruben. Jauchzend scholl der Siegesruf Dewadattas zum Himmel, und der kühne Dämonenbezwinger fuhr auf Indras Wagen von neuem durchs Blaue, um die luftdurchwandelnde Stadt der Puloma zu bekriegen. Als Matali sie am Horizont auftauchen sah, schimmemd und weithin gedehnt, lenkte er die Rosse dorthin. Und unter dem kampflustigen Schmettem Dewadattas nahten sie sich den edelsteingekrönten Mauern der goldenen Stadt. Da flogen die vier Ebenholztore auf, und Wagen auf Wagen, mit Streitern in gänzender Rüstung, rollten heraus. Hei! war das eine Lust für Matali, die flüchtigen Götterrosse durch die Tausende von Wagen zu tummeln. Längst war Dewadatta verstummt, und Gandivas Sehne schwirrte die Weise zu diesem kriegerischen Reigen. Wieder hieß es Pfeilregen mit Pfeilregen, Zauber mit Zauber vergelten, und auch hier brachte der Donnerkeil Ardschuna den Sieg: In Trümmer schlug er die fliegende Stadt, und hochauf schäumte das Meer, als diese darinnen versanken. In eiligem Rosseslauf brachte Matali den Sieger vor des Götterkönigs Thron. Glückseligen Herzens umarmte Indra den trefflichen Sohn und pries ihn ob der götterbefreienden Tat. Dann entließ er ihn mit der Weissagung, daß durch seines Armes Stärke Judhischthiras Weltreich wieder aufgerichtet würde. Noch einmal bestieg Ardschuna den göttlichen Wagen neben dem treuen Matali, und nach kurzer Fahrt landete er auf dem Gipfel des Gandhamadana. Als die Freunde der Pandava sich von  den Verbannten verabschiedet hatten, nahm Krischna seine Schwester Subhadra, Ardschunas Söhnlein Abhirnanju und die fünf Draupadeyas mit nach der Heimat. Juhischthira mit den Brüdern, der Gattin und den guten Brahmanen, die freiwillig ihres Königs Elend teilten, führte in der Wildnis ein frommes Siedlerleben und harrte der Stunde, die ihn wieder in seine Rechte einsetzen sollte. Der Heilige Lomascha kam in den Wald und erzählte den Brüdern, daß er Ardschuna in Indras Himmel getroffen habe. Sehnsucht nach dem kühnen Bruder, litt da die Pandava nicht länger in ihrer stillen Siedelei, und unter der weisen Führung des Heiligen schlugen sie den Weg nach dem Himawat ein. In frommer Ehrfurcht besuchten sie alle vom indischen Glauben geheiligten Wallfahrtsorte an ihrer Straße. Der gute Heilige kürzte ihnen die Zeit durch Erzählung mancher frommen Legende aus der Vorzeit. Auch die Freuden in Indras Hinmiel, wo jetzt Ardschuna weilte, schilderte er ihnen und die Herrlichkeit des Berges Meru, wo lichtumflossen die Götter sitzen, von Sonne, Mond und Sterne rechtshin umwandelt. Vom sonnenurnspielten Gipfel des Kailasa sprach er, wo der Schatzgott Kubera die duftenden Göttergärten pflegt, und von der Liebe der Himmlischen zu guten und starken Menschen. Am Fuße des Gebirges nahm Lomascha Abschied, und die Pandava stiegen die steilen Hänge hinan. Tagelang ging es aufwärts durch weglosen Wald. Der Mühsal wurde immer mehr, je höher die Wanderer stiegen. Besonders Draupadi litt unter den Beschwerden des Aufstieges, trotzdem der starke Bhima ihr sorgsam die Hindernisse aus dem Wege räumte und Nakula wie Sahadewa der Ermüdeten viele saftige Beeren und manchen Trunk klaren Quellwassers brachten. Wenige Wegstunden vom Gipfel überfiel die Schwergeprüften ein Gewittersturm, der den Berg in seinen Grundfesten zu erschüttern schien. Bäume und Felsen stürzten um sie und verlegten jeden gangbaren Pfad, so daß selbst Bhimas übermenschliche Kraft versagte. Da gedachte er des zauberstarken Sohnes, den ihn die Riesin Hidimbaa einst geschenkt hatte, und: >>Ghatotkatschal<< schrie er in den Sturm, dessen Brüllen übertönend. Gleich stand der zauberkundigeRiese vor ihm und begrüßte alle mit freundlichen Worten. Kaum sah Ghatotkatscha die Not der Seinen, so rief er mit gellendem Piff vier Freunde aus dem Riesenreich herbei. Behutsam wie ein gebrechliches Spielzeug nahm er dann die erschöpfte Draupadi in seine starken Arme, seine Freunde machten es mit den vier Brüdern ebenso, und fort ging's in lustigem Fluge durch die Luft, hoch hinaus über die Gewitterwolken bis nahe zum Gipfel des Kailasa. Dort legten die Riesen ihre Schützlinge auf die saftig grüne Matte und nachdem Ghatotkatscha die Pandava noch gewarnt hatte, den Waldgürtel rund um den Gipfel zu betreten, stoben die fünf mit freundlichem Abschiedsgrinsen durch die Luft davon. Draudi erwachte aus ihrer Erschöpfung und bat Bhima, ihr doch einige von den Lotusblüten zu bringen, deren erquickenden Duft ein sanfter Wind vom Gipfel herabwehte. Rasch sprang Bhima auf und lief nach dem Wald, um Draupadis Wunsch zu erfüllen. Kaum hatte er den Wald betreten, so hörte er einen wahren Höllenlärm: Löwen und Tiger brüllten, Wölfe heulten, Schlangen zischten und wilde Elefanten stampften trompetend durch das Unterholz. Bhima war ohne Waffen, so sehr hatte er sich beeilt, den Wunsch Draupadis zu erfüllen. Kühn sprang er mitten unter die Bestien, riß eine Löwin an den Hinterbeinen empor und schwang sie wie eine Keule wirbelnd ums Haupt. Krachend schlug er damit zu und tötete einen Elefanten und zwei Tiger. Die übrigen flohen voll wilden Entsetzens. Nur ein mannsgroßer Affe war sitzengeblieben, den langen Schweif quer über den Weg gelegt, die großen Zähne, fast wie in freundlichem Lachen, fletschend. »Nun, du hast noch nicht genug gesehen?« lachte Bhima und warf seine sonderbare Waffe zu Boden. »O Herr, ich bin krank!« sprach der Affe mit bekümmertem Blick, aber listigem Zurinkem. » Bitte, heb‘ doch meinen Schweif von der Erde und hilf mir auf die Beine!« Da bückte sich der gutmütige Bhima, griff nach dem Schweif des Affen und — hob — zog — schob — , der Schweif war wie an den Boden geschmiedet. Kopfschüttelnd richtete der Starke sich auf, wischte den Schweiß von der Stirne und warf einen mißtrauischen Blick auf den unschuldig dreinschauenden Affen. Dann begann er seine Arbeit aufs neue. Nachdem er sich weidlich geplagt und den Affenschwanzauch nicht fingerbreit vom Fleck gebracht hatte, sagte der Affe gar freundlich: »Nun laß es genug sein, Bruder Bhima! Hast du deine Kraft, so habe ich die meine, denn beide sind wir Söhne des Sturmgottes! Hanumat heiße ich und bin der König der Affen, von dem du wohl manches gehört hast. Ich erkannte dich gleich, als du wie der leibhaftige Sturmwind unter das Viehzeug fuhrest! « Darauf schüttelten die Halbbrüder einander die Hand. Hanumat wies Bhima noch den Weg nach Kuberas Gärten, dann schieden sie als gute Freunde. Bald darauf stand Bhima mitten in den duftenden Beeten des Göttergartens, an dem geheimnisvollen Lotusteich. Ein riesenhafter dienender Geist, der als Gärtner hier waltete, schrie ihm zu, daß er den Herrn des Gartens um Blumen bitten solle, wenn er welche wolle, Bhima sagte, daß die Kriegersitte nicht bitten, sondem nehmen heiße. Es kam zum Streit, zum Kampf, und Bhima erschlug den groben Knecht, gerade in dem Augenblick, als der strahlende Gott Kubera den Garten betrat. Beschämt stand der Eindringling da und erwartete die Strafe des Gottes für seine Raschheit. Doch freundlich lächelte Kubera ihm zu und sprach: >>Ich danke dir, starker Bhima! Du hast mich von einem schweren Fluch erlöst! Wisse: mein Diener Manimat, den du soeben erschlagen hast, hat einst auf einer Luftreise im Übermut dem großen Heiligen Agastya auf den Kopf gespuckt, und der Fluch des Propheten drückte mich schwer, bis zum Tode dieses leichtfertigen Frevlers! « Da freute sich Bhima des Gottesdienstes, den seine raschen Fäuste geleistet hatten, neigte sich ehrerbietig vor Kubera und hat ihn um Nachricht über Ardschunas Verbleib. Kubera riet, die Pandava sollten den Berg Gandhamadana besteigen. Dort werde Ardschuna in kurzer Zeit landen. Dann lud er Bhima und die Seinen ein, nach dem Kailasa zurückzukehren und sich's in seinen Gärten wohl sein zu lassen. Damit verschwand der Gott vor Bhimas Augen. Glückselig raffte dieser einen Arm voll der köstlich duftenden Blüten zusammen, lief durch den Wald zu den Seinen und schüttelte die Blumen über das Lager der schlafenden Draupadi. Am nächsten Morgen begannen die Pandava ihre Wanderung nach dem Gandhamadana und erreichten den Gipfel, als eben Matali mit den zentausend Rossen in der  Ferne verschwand, nachdem er den siegreichem Ardschuna gelandet hatte. Wieder vereint, wanderten die Pandava nach dem Kailasa und verlebten vier Menschenjahre, wie eine einzige Nacht des Glückes, in den köstlichen Gärten des Schatzgottes. Im elften Jahre ihrer Verbannung wanderten sie wieder nach dem Kamjakawald, Dort besuchte sie Krischna, der tapfere J adavafürst, und brachte der sorgenden Draupadi Kunde, daß es ihren Söhnen wohlergehe und daß die starken Knaben schon anfingen, mit den Waffen vertraut zu werden, Judhischthira und die Brüder ermahnte er, des kommenden Kampfes zu gedenken, und versprach, die Freunde und Verwandten der Pandava an die Bündnispflichten zu erinnern. Dann zog er wieder heim und überließ die Verbannten ihrem traurigen Waldleben. Gar eng war die Hütte, in der der >Herr der Erde< mit den Seinen hauste. Oft verglich die stolze Draupadi, zur Rache mahnend, das Leben in Mayas Palast, wo Tausende von Sklaven ihres Winkes geharrt hatten, mit dem Elend in der Einsiedelei, wo eine getreue Dienerin ihre einzige Hilfe im Haushalt war. Bettelnde Brahmanen, die das ganze Land durchstreiften, brachten an Dhritaraschtras Hof die Nachricht, daß die Pandava wieder im Kamjakawalde seien, und erzählten auch von dem entbehrungsreichen Leben, das besonders die edle Draupadi bedrücke. Da gedachte Dhritaraschtra mit Trauer im Herzen in freundlichen Worten der Verwandten und gab der Hoffnung Ausdruck, daß die beiden Häuser, nach Ablauf der dreizehnjährigen Frist, versöhnt, vereint und glücklich die Erde beherrschen würden. Das war aber nicht nach dem Sinne Durjodhanas und seiner Getreuen gesprochen. Mit Sorge sahen sie die Zeit nahen, da die Pandava wieder zu Macht und Ansehen gelangten. Und eine heimliche Beratung zwischen Durjodhana, seinem wüsten Bruder Duchschasana, dem ränkevollen Oheim Schakuni und dem kampflüsternen Karna, den die wort- und waffenschnellen Pandusöhne, wie die stolze Draupadi, an seiner Ehre gekränkt hatten, brachte neue Pläne zum Verderben der Verbannten zutage. So lebte zu jener Zeit ein sonclerbarer Heiliger an Durjodhanas Hof, und den ersah der böswillige Duchschasana dazu aus, den Pandava Verderben zu bringen. Es war der heilige Durwasa. Ein Leben voll strengster Kasteiung, tiefinnerster Buße und stoischer Schmerzerduldung hätte ihm längst den Weg zu Indras Himmel geebnet. Doch wie der Geizige über seinem Golde am liebsten verhungern möchte, so verzichtete Durwasa auf die Freuden des Himmels. Denn er sagte sich, daß diese auch den größten Schatz an Bußfertigkeit nach und nach aufzehren und damit seine Macht über Götter und Menschen vermindern müßten. Darum blieb er bei seiner asketischen Lebensweise und war gefürchtet von Göttern und Menschen, denn neben der Macht, die ihm die aufgehäufte Buße verlieh, konnte sich auch sein Jähzorn sehen lassen, der ihm die Flüche so locker machte, wie anderen Heiligen die Segenswünsche. Durwasa hatte eine Schar von zehntausend Schülern um sich versammelt und lebte nun schon einige Wochen in Hastinapura. König Durjodhana hatte den Gefürchteten ehrerbietigst empfangen und, ganz liebedienerisch, selbst die Betreuung des unangenehmen Gastes übernommen. Durwasa war von der Unterx-vürfigkeit seines königlichen Wirtes entzückt und versprach, ihm beim Abschied eine Gnade zu bewilligen. Auf Rat des Duchschasana bat nun Durjodhana den abziehenden Heiligen, auch seinen >vielgeliebten< Vetter Judhischthira in seiner Waldsiedelei mit einem längeren Besuch zu erfreuen. Die Argen dachten, daß die armen Verbannten wohl nicht einmal den Hunger des Heiligen und seiner zehntausend Jünger stillen könnten, und hofften, daß dann ein kräftiger Fluch des Jähzornigen die Unglücklichen verderben würde. Doch es kam anders: Draupadis kupfemer Kessel, das Geschenk des gütigen Sonnengottes, erwies sich als unerschöpflich. J udhischthiras weise Reden über Recht und Pflicht erfreuten den frommen Brahmanen, sein Jähzorn wurde nicht geweckt, und mit freundlichen Segenstwünschen für die Brüder und vielem Dank für die sorgende Hausfrau schied der Gefürchtete und seine Schar aus der Einsiedelei. Nun schützte Durjodhana eine wichtige Regierungshandlung in der Gegend des Kamjakawaldes vor: eine Volks- und Viehzählung. Er begab sich in Begleitung Karnas, Schakunis und Duchschasanas dorthin, um die Pandava in ihrem Elend zu verhöhnen. Mochte ein Streit, ein Kampf darob entbrennen! Den Rechtlosen mußte das eher Verderben bringen, als dem König inmitten seines zahlreichen Gefolges! Doch unterwegs gerieten sie, an der Jamuna, unter die himmlischen Spielleute, die dort auf blumigen Fluren die Apsaras neue Reigen lehrten. Durjodhana forderte von dem Führer der Gandharva die Huldigung, die ihm als König dieses Reiches gebührte. Tschitrasena, der Gandharvakönig, verweigerte sie, und es kam zu blutigem Kampf. Die Gandharva besiegten Durjodharias Troß. Karnas Wagen ward zertrümmert, der Wehrlose mußte zu Fuß in den Wald flüchten. Durjodhana, Schakuni und Duchschasana wurden gefangen genommen. Einige Flüchtlinge aus Durjodhanas Gefolge fanden die Siedelei der Pandava, beklagten das Schicksal ihres Herrn und baten die Verbannten um Hilfe. Bhima jubelte zuerst, daß die bösen Vettern gefangen seien, doch als Judhischthira es für Pflicht erklärte, Schutzheischenden zu helfen, war er Feuer und Flarmne und trieb zum Kampf gegen die Gandharva. Seiner unwiderstehlichen Kraft und Ardschunas göttlichen Waffen, sowie den schnellen Schwertern der Madrizivillinge, erlagen viele der Gandharva. Tschitrasena, der sich unsichtbar gemacht hatte, kämpfte mit seinem alten Freund Ardschuna und wurde besiegt. Da ließ er die Gefangenen bringen und lieferte sie den Siegern aus. Der edle Judischthira schenkte ihnen die Freiheit und entließ sie ungekränkt nach Hastinapura. Plötzlich erschien Indra arn Himmel mit einer goldenen Schale voll Amrita. Schweigend besprengte er die toten Gandharva. Die sprangen voll Leben auf und scharten sich um Tschitrasena. Der Gandharvafürst reichte Ardschuna die Hand und sagte: » Dies alles geschah auf des Götterkönigs Geheiß. Wir wollen die alten ‘Freunde bleiben! « Durjodhana aber fühlte sich durch den Edelmut der Pandava tief gedemütigt. Als er nach Hastinapura zurückkehrte und Karna ihn ahnungslos zur Befreiung beglückwünschte, ward der Haßblinde fast wahnsinnig vor >Zorn und wollte sich töten: das glaubte er nicht ertragen zu können, daß er den Verhaßten nun Dank schulden sollte. Nach und nach gelang es Karna, die Todesgedanken des Ingrimmigen zu zerstreuen. Um dem gebeugten Freund einen Triumph über die Verbannten zu verschaffen, zog der getreue König von Angu mit einem Heer durch die Welt und unterwarf ‘seinem Großkönig viele Völker und Stämme. Ein feierliches Opfer sollte die Unterjochung der neuen Reiche krönen. Aus dem gesamten Gold, das Karna erbeutet hatte, ward ein Pflug geschmiedet und dem Gott Wischnu, dem Erhalter, geopfert.
Wie vielen Fürsten Indiens, ward auch den Pandavas ein Bote gesandt, der die Verbannten einlud, bei Durjodhanas Fest eine Schale Opferfett zu vergießen.
Doch der unbändige Bhima jagte den Boten aus dem Wald und drohte, am Tage der Schlacht die Schale seines Zornes über die höhnischen Heuchler zu ergießen.