<%@LANGUAGE="JAVASCRIPT" CODEPAGE="65001"%> Sieg, Rache und Klage

Sieg, Rache und Klage

 
Die letzten Krieger der Kauravaheere sammelten
sich am nächsten Morgen unter Schaljas Führung zu
ehrenhaftem Untergang in der Schlacht. Schweigend
und grimmig rückten sie gegen das Pandavaheer vor
und fochten wie Männer, die zu sterben wissen.
Schalja, der König der Madra, fiel zuerst im Kampfe
gegen Judhischthira. Der Bodschafürst Kritavarman
verlor im Gefecht seinen Wagen und entwich auf
flüchtigen Füßen. Durjodhana ward von seinem
Wagenlenker verwundet aus der Schlacht gefahren.
Bhima und Ardschuna wüteten in dem Häuflein
von Feinden. Schakuni, der tückische Oheim der
Kuruprinzen, fiel unter Sahadewas Schwert Schwert. Das
Kuruheer war vernichtet, "nur" wenige Recken waren
entflohen.
Unter der Führung Dhrischtadjumnas zog das
Pandavaheer in das Lager zurück. Die fünf
Pandusöhne aber, mit Krischna, streiften über das
Leichenfeld und suchten lange den König
Durjodhana.
Endlich fanden sie ihn, bis an den Hals in einem
Teiche liegend und seine Wunden kühlend.
Bhima schmähte den Gebrochenen, daß er als König aus der Schlacht geflohen sei. Durjodhana
raffte sich auf und forderte Bhima zum Keulenkampf
heraus.
Da freute sich der grimmige Sohn des Sturmgottes.
Als beide Gegner gerüstet waren, schlugen sie los
und zerfleischten einander mit den Keulen, wie
Elefanten mit den Hauern.
Doch keiner konnte dem andern obsiegen.
War Bhima der Stärkere, so war Durjodhana der
Schnellere, und der Kampf hätte nie seine
Entscheidung gefunden, wenn nicht Krischna dem
Bhima zugerufen hätte: >>Denk' an Draupadis
Schmach!«
Ardschuna schlug sich auf den Schenkel, um dem
Gedächtnis des Schwerfalligen aufzuhelfen, und
Bhima verstand.
Als Durjodhana zu neuem Angriff zurücksprang,
Zerschmetterte ihm der Pandavarecke mit mächtigern
Keulenschlag das Bein, welches der Böse einst
Draupadi zu niedriger Dienstleistungh hingestreckt
hatte.
Wohl schalt Baladeva, Krischnas Bruder, der dem
Kampfe zugesehen hatte, Bhima einen unehrlichen
Kämpfer, denn die Regel des Keulenkampfes verbot
es, unter den Gürtel zu schlagen, aber Krischna
verteidigte jegliche List im Kriege gegen Feinde, die
durch Lug und Trug den Frieden gebrochen hatten:
»Keiner richte die Menschen, die nur nach dem
Willen der Götter handeh1!« sprach er und reichte
dem beschämten Bhima die Hand.
Sie überließen den schwerverwundeten König
Durjodhana seinen Dienern, und nachdem
Judhischthira Krischna nach Hastinapura entsandt
hatte, um Dhritaraschtra und Gandhari zu trösten,
begaben sie sich an einen benachbarten Teich und
übernachteten dort, denn es war zu spät geworden, um das Lager noch zu erreichen.
Kaum war Durjodhana allein geblieben, so fanden
sich drei Helden, die dem Tod auf dem Kurufeld
entgangen waren, an seinem Sterbelager ein.
Es war der greise W affenmeister Kripa, der
Dronasohn Aswatthama und Kritawarman, der
Bodschafürst.
Voll Trauer hörten sie, wie ihr König besiegt
worden war, und Aswatthama schwur, ihn und seinen
Vater zu rächen oder zu sterben.
Da nahm der Sterbende von dem Wasser neben
seinem Lager und weihte den Treuen zum Führer
dieser traurigen Überbleibsel seiner Streitmacht.
Die drei Krieger lagerten sich darauf im Walde, und
während Kripa und Kritavarman schliefen, starrte
Aswatthama in die Bäume und sann auf Rache.
Mehrere Krähen saßen in den Ästen und schliefen.
Da strich lautlos ein Uhu heran und erwürgte die
Schlafende.
Rasch sprang Aspgartlgiamgmauf und weckte seine
Gefährten: >>Auf! zu den Wagen und ins Lager der
Pan dava! Wir wollen sie im Schlafe envürgen!« rief
er.
Und als Kripa dies einen groben Verstoß gegen die
Sitten der Krieger und ihre Ehre als Helden nannte,
hieß er ihn schweigen.
»Längst hat Krischnas Schlauheit Ehre und Recht
in den Staub getreten! Wir wollen nicht edler, nicht
großmütiger sein als die Sieger!« sprach er und
bestieg seinen Wagen.
Im Fluge ging es durch die dunkle Nacht, und am
feindlichen Lager angekommen, sandte Asvatthama
seine Gefährten an die beiden Tore des Walles, um
eine Flucht zu verhindem.
Dann hob er im Dunkel der Nacht die Hände zum
Himmel und bat den allmächtigen Zerstörer Schiwa um Kraft und Hilfe für sein Wagnis.
Plötzlich stand der göttliche Dreizackschwinger vor
ihm, reichte dem Rächer ein Stirnjuwel, das seine
Feinde in den Schrecken der Finsternis verblenden
sollte, und verschwand.
Kühn schwang sich der Held über den Wall und
drang zuerst ins Zelt des Pantschalaherrn
Dhrischtadiumna.
Mit bloßen Händen erwürgte er den Schlaftrun-
kenen, denn keiner Waffe hielt er den heimtücki-
schen Mörder seines Vaters für würdig.
Dann zog er das breite Schwert mit den tausend
silbernen Monden aus der Scheide, die gefürchtete
Waffe Dronas und sein einziges Erbe.
Wie der Todesgott in der Seuchenzeit, sprang er
von Zelt zu Zelt und mordete Schlafende und
Erwachende. Jammem‚ Stöhnen und Schreie der
Todesfurcht weckten das ganze Lager.
Wie der Schnitter durchs wogende Kornfeld, schritt
der Rächer durch die von Entsetzen bevölkerten
Lagergassen und hielt seine blutige Ernte.
Vor ihm schritt Kali, die furchtbare Gattin Schiwas,
und warf ihre Schlingen nach den Fliehenden.
Die fünf Söhne der Draupadi stellten sich dem
Schrecklichen mutig entgegen und fielen, einer nach
dem andern, unter dem Schwerte des Rächers.
Schikhandin, der letzte Pantschalafürst, ward
mitten entzwei gehauen.
Wer von den Kriegern eines der Tore erreichen
konnte, fiel unter den Pfeilen Kripas oder
Kritavarmans. Nur Dhrischtadjumnas Wagenlenker
kletterte über den Wall und entging so dem grausigen
Tod im Finstern.
Als kein Lebendiger mehr im Lager war, keine
Brust sich im letzten Seufzer noch hob, stieß
Asvatthama in seine Muschel und rief die Gefährten herbei. In schnellstem Rosseslauf eilten die drei zu
ihrem sterbenden König, und dessen letzter Atemzug
war ein Dank für seine Getreuen, ein Jubel, daß die
Verhaßten ihren Sieg mit allem, was ihnen teuer war,
hatten bezahlen müssen. —
Der Heilige lrVyasa hatte dem Wagenlenker
Dhritaraschiras, Sandschaja, die Gabe verliehen, von
seines Königs Palast aus das ferne Schlachtfeld zu
übersehen.
Mit beredtem Munde halte der Barde Abend für
Abend dem blinden Greis die Kämpfe des Tages
geschildert.
Schwer lastete der Untergang seines Hauses auf
dem Unglücklichen. Krischnas milde Trostworte
vermochten ihn nicht aufzurichten. Gestützt von dem
guten Bruder Vidura und, der treuen Gandhari,
bestieg er schmerzversunken den Wagen und fuhr
mit Kunit, Draupadi und den übrigen Frauen des
Hofes auf das Kurufeld,vor das Antlitz des Siegers, zu
den Leichen der gefallenen Söhne..
Eben als Judischthira die Ehrwürdigen begrüßte,
kam der Wagenlenker Dhrischtadjumnas gelaufen
und berichtete keuchend und stammelnd von dem
Überfall Asvatthamas und den Heldentod der fünf
Draupadeyas.
Entsetzt stand Judhischthira da, als Draupadi auf
ihn zutrat und ihn voll Hohn zu seinem glänzenden
Sieg beglückwünschte. In ihrem Mutterschmerz
verfluchte sie den Mörder und schwor, nicht eher zu
essen, als bis ihre Söhne gerächt wären.
Der unermüdliche Bhima machte sich gleich auf
die Verfolgung Asvatthamas. Als er den Flüchtigen
eingeholt hatte, besiegte er ihn in fürchterlichem
Ringen und brachte sein leuchtendes Stirnjuwel der
trostlosen Draupadi.
Krischna-Wischnu aber verfluchte den, der Ruhende erschlagen hatte, dreitausend Jahre rastlos
über die Erde zu wandern, aussätzig und gemieden
von jedermann!
Der Jadava hatte die Trauernde auf das
Schlachtfeld geführt und ließ die Totenfeier für die
Gefallenen vorbereiten.
Seiner Beredsamkeit gelang es auch, Dhritara-
schtra mit den Siegern zu versöhnen. Einen nach dem
andern umarmte der schluchzende Greis. Für Bhima,
der auf der Verfolgung Aswattluamas war, schob
Krischna dem Blinden dessen eherne Rüstung in die
Arme. Da rief der Trauernde gegen den Himmel: »Ihr
heiligen Götter! Für eines Atems Länge gebt mir
Riesenstärke!« Und krachend zersplitterte der leere
Panzer in den Armen des blinden Greises, Er hatte
den töten wollen, der von seinen hundert Söhnen
nicht einen am Leben gelassen hatte. Ahnungsvoll
hatte der kluge Jadavafürst die Rache vereitelt.
Über das leichenbesäte Schlachtfeld irrten die
Frauen mit aufgelöstem Haar. Gandhari hatte die
Binde von den Augen genommen, um die toten
Söhne zu sehen. Mit rührenden Klagen eilte sie von
einem zum andern, hier die Geier von der Leiche
Durjodhanas scheuchend, dort den Kopf ihres
Lieblings Vikarna sorgfältig bettend.
Uttaraa kniete vor ihrem toten Gatten, löste den
schweren Panzer von den wunden Schultern, ordnete
die blutigen Locken und wusch das trotzige
Jünglingsgesicht Abhimanjus unter leise gesungenen
Klagen und langsam fließenden Tränen.
Duchschala und mehrere Sindhufiauen waren um
die Leiche ihres Gatten Dschajadratha bemüht.
Kunti kniete vor Karnas strahlendem Leib und
gestand den Pandusöhnen, daß sie in ihm ihren
Bruder getötet hätten. Voll Trauer umwandelten die
Sieger rechtshin den toten Helden. Judhischthira ordnete die Totenfeier an:
Weithin leuchteten die vielen Scheiterhaufen auf
dem Kurufeld. Aus kostbaren Hölzern waren sie
geschichtet, der Rauch von köstlichen Salben und
Gewürzen umquoll die Leichen der Helden, als sie mit
ihren Waffen und Schmückstücken verbrannt
wurden. Brahmanen vollzogen die Totenopfer nach
strengen Gebräuchen, die Frauen sangen Klagelieder
und Freunde brachten die heilige Wasserspende aus
der Ganga. Im ganzen Land war Trauer um die gefallenen Helden.