Dronas Ende |
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Im Kriegsrat der Kaurava hatte Karna den erfahrenen Drona zum Oberfeldherrn vorgeschlagen. König Durjodhana halle den vielbesungenen W affenmeister seinen Heeren als Führer vorgestellt, und lauter Jubel, neue Siegeshoffnung klang aus den ehrenden Zurufen der Helden, aus dem gellenden Schlachtgeschrei der Krieger. Drona ordnete die Heere von neuem zur Schlacht und unternahm einen heftigen Angriff gegen die Scharen der Pandava. Wie ein Waldbrand tvälzten sich die enggeschlos- senen Reihen der Kauravakrieger heran und drohten die loser gefügten Heerhaufen der Pandava zu ersticken. Wo auch die verwegene Tapferkeit einzelner Helden eine Lücke in die starke Kampffront riß, da schloß sich diese schnell unter der geschickten Führung des greisen Waffenmeisters. Voll Verzweiflung sah Judhischthira seine Scharen langsam, doch stetig zurückweichen. Doch der kluge Krischna wußte Rat: » Es gilt das Netz zu zerreißen, das Drona über uns zusammenziehen will. Da ist kein Opfer zu groß. Befiehl dem Heldenjüngling Abhimanju, die feindlichen Reihen zu durchstoßen — andere müssen nachdrangen —, und haben die Kaurava erst Feinde im Rücken, so zerfällt ihre ganze Schlachtordnung. Leuchtenden Auges empfing Abhimanju den ehrenvollen Auftrag, und bald flog das Banner mit den goldenen Pfauen gegen die Mitte der feindlichen Schlachtlinie: Ein wahrer Hagel von Pfeilen bricht dem Wagen des kühnen Jünglings Bahn. Über Leichen holpert er, von schnellen Hengsten gezogen, durch die Reihen der Feinde! Nun ist der Tapfere im Rücken des Angreifers und tummelt sich dort unter den Gegnern, wie der Haifisch im Meer. Doch wehe! Dschajadratha mit seinen Sindhus tritt in die Lücke, die Abhimanjus Wagen gerissen hat. ‘Nie die Krieger der Pandava auch gegen diese Mauer stürmen: keiner vermag sie zu durchstoßen; ihr tapferer Führer blgjlgtsiallesicgiitigmitten des feindlichen Heeres. Wie ein Eber gegen die Hunde, wehrt sich Abhimanju gegen die andrängenden Kauravahelden. Durjodhana drängt er zurück, tötet den Bruder Schaljas und den des Karna; Duchschasana wird zurückgeschlagen, und selbst der gewaltige König von Anga kann dem Jüngling nicht gefährlich werden, ehe das Getümmel die beiden Kämpfer wieder trennt. Lange steht der Tapfere umdrängt von Feinden und führt seine Waffen mit Ruhe und Sicherheit. Aber die Arme erlahmen ihm unter der gewaltigen Anstrengung, seine Köcher sind leer, die Speere verschossen, Keule und Schwert zersplittert. Mit einem Wagenrad schlägt er in den Schwarm seiner Feinde, als ihn ein Keulenschlag von Duchschasanas Sohn auf das Haupt trifft und tot zu Boden streckt. Das Triumphgeheul der Kurn verkündet den Pandava den Fall dieses Tapferen. Mit dem Sinken der Sonne stellen sie den Kampf ein und ziehen zum Lager, um dem Vater die Nachricht vom Heldentod des Sohnes zu bringen. Ardschuna war den ganzen Tag auf einem anderen Teil des Schlachtfeldes festgehalten wvorden: Die Trigata, deren Scharen der Held schon einmal gelichtet hatte, hatten sich verschworen, lieber zu sterben, als vor Ardschuna zu weichen. Manche stolze Recken aus anderen Stämmen hatten sich der Verschwörung angeschlossen, und seit dem Morgen war der tapfere Indrasohn von den Verschworenen umzingelt und mußte all seine Tapferkeit aufbieten, um ihnen nicht zum Opfer zu fallen. Wie ein Keulenschlag traf den Ermüdeten im Lager die Nachricht von Abhimanjus Tod. Er schwor, daß Dschajadratha, der die Helfer von seinem Sohne abgeschnitten hatte, morgen vor Sonnenuntergang sterben sollte von seiner Hand. Voll Trauer und Bekümmernis verbrachte er die Nacht bis zum Tage der Rache. Als Ardschuna am andern Morgen seinen Schwur in die Scharen der Feinde schrie, lief die Drohung von Mund zu Mund. Und Dschajadratha, der die scharfen Waffen des Schrecklichen schon gefühlt hatte, als der Pandusohn die geraubte Gattin aus seiner Hand befreite, ward von Furcht ergriffen und floh hinter die Linien der Kämpfenden. Durjodhana sandte ihm zum Schutze sechs der tapfersten Helden, darunter den alten Kripa, Schalja, den Madrakönig und den starken Dronasohn Aswatthama. Ardschuna raste, sein Opfer suchend, durch die Reihen und tötete viele der Recken, die sich ihm in den Weg stellten. Duchschasana führte dem Schrecklichen einen Trupp Elefanten entgegen, aber der Gandivaspanner tötete viele der Tiere und trieb die andern mit seinen Pfeilen zur Flucht. Der gewaltige Drona stellte sich seinem Lieblingsschüler entgegen, aber beide waren in der Führung der Waffen so erfahren, daß keiner dem andern einen Vorteil abringen konnte. Das Getümmel trennte sie wieder. Duchschasana war von seinem Elefanten mit auf die Flucht gerissen worden; jetzt kam er wieder zur Kampfstätte auf einem Goldschimmernden Streitwagen. Als er sich Ardschuna näherte, schoß dieser mit scharfen Pfeilen die Stränge entzwei, so daß die scheuen Rosse ohne Wagen davonjagten. Rasch rettete sich Duchschasana vor dem anstürmenden Jujadhana auf den Wagen eines Mitkämpfers. Wie der Wind jagten nun Ardschunas Rosse unter Krischnas kundiger Lenkung über” das Schlachtfeld: Pfeile, die der Indrasohn nach vorne geschossen hatte, fielen hinter ihm zu Boden, so flogen die Gandhan-‘ahengste dahin. Dschajadrathas Panier hatte sich in der Feme gezeigt. Schauerlich gellte der Löwenruf Dewadattas in des Sindhukönigs Öhren. Der Schutzwall von streitbaren Helden schloß sich dichter um den Verfolgten: Nun brauste der Rächer heran! Aswatthama und Schalja warfen sich ihm entgegen. Fürchterlich tobte der Kampf. Schalja mußte zuerst vor den Geschossen Gandivas weichen. Sie hatten alle seine Trutzwaffen zertrümmert. Lange währte der Kampf mit dem gewaltigen Aswatthama, denn Ardschuna wollte den Sohn seines ehrwürdigen Lehrers nicht töten. Endlich gelang es, auch ihn zur Flucht zu zwingen. Aber Dschajadratha hatte einstweilen mit seinen übrigen Beschützem das Weite gesucht, und die Jagd begann nun von neuem. Krischna trieb die Rosse zu überirdischer Schnelle an, denn die Sonne war schon im Sinken. In einem Knäuel von Wagen sah Ardschuna Dschajadrathas Banner blitzen, und Krischna lenkte die Rosse dorthin, während Dewadatta schmettern— den Klanges Hilfe herbeirief. Bhima hörte den Ruf und eilte dem Bruder zu helfen. Als er das Getümmel um Ardschuna erreichte, sprang er ab, und mit seinen mächtigen Armen stürzte der Sturmgottsohn acht Wagen samt ihren Kämpfern um. Karna sah den Furchtbaren unter den Seinen wüten und sprang ihm entgegen: Blitzschnell packten sich die Starken und schrien einander Schimpf und Schande ins Antlitz, während sie Brust an Brust in unentschiedenem Ringen standen. Keiner wollte dem andern ans Leben, denn Karna hatte der Mutter Kunti gelobt, Bhima zu schonen und Bhima dem Ardschuna, ihm diesen persönlichen Feind zu überlassen. — Zornig stießen sie einander zurück. Karna holte von seinem Wagen den Bogen und begann den Pandava mit leichten Rohren zu beschießen. Bhima duckte sich hinter den Leih eines toten Elefanten. Karna eilte hin, berührte den Versteckten mit dem Bogenende und sprach: "Du bist tapfer vor der Schüssel, aber feig in der Schlacht! Geh‘! verbirg dich hinter Ardschuna!" Da sprang Bhima empor, entriß dem Höhnenden den Bogen und schlug ihn damit auf den Kopf. Wieder packten die Gegner einander im Ringen, wieder stießen sie einander zurück, jeder seines Versprechens eingedenk, da fiel ein Pfeil, von Gandiva geschleudert, zwischen sie. Nun erinnerten sich beide ihrer Pflicht: Karna eilte nach seinem Wagen, und Bhima sprang in das Gewoge, das um Ardschuna tobte. Dschajadratha hatte das Kampfgetüminel wieder benutzt, um zu fliehen. Mit gewaltigem Speer- und Schwertschwung durchbrach nun Ardschuna den Schwarm der Feinde und flog ihm nach, so schnell als die Rosse laufen konnten, denn die Sonne mußte in kurzer Zeit hinter dem Berg Asta verschwinden. Plötzlich kam ihm Karnas Streitwagen entgegen. Ein Wort zu Krischna, und der gewandte Rosselenker fuhr so geschickt an des Feindes Wagen, daß dieser im Umstürzen Karna und seinen Lenker weit hinausschleuderte. Weiter ging die wilde Jagd! Schon war die Hälfte der Sonne hinter dem Berg verschwunden, da waren die Verfolger dem Flüchtigen auf Bogenschußweite genaht. Ein Halbmondeisen, von Gandivas Sehne geschnellt, enthauptete Dschajadratha, ehe die letzten Strahlen des Gestirns über die Erde huschten. Aber die feindlichen Heere hatten sich so sehr ineinander verbissen, daß der Einbruch der Dunkelheit den Kampf nicht beendete. Fackeln wurden herbeigeschleppt, und in diesem gespenstischen Licht und Dunkel wütete Kampflust und Mordgier über das Schlachtfeld. Karna war in diesem nächtlichen Kampf der Schrecken der Pandavaheere. Er flog durch die Reihen der Feinde und tötete sie scharenweise. Einige Male wollte Ardschuna dem Furchtbaren entgegentreten, aber Krischna warnte sorglich vor diesem Kampf, denn noch glänzte die nie fehlende Lanze IndIas auf Karnas Streitwagen. Endlich riet der listenreiche und skrupellose Jadavafürst, Ghatotkatscha gegen die Stürmenden loszulassen: Die Macht des zauberkundigen Riesen mußte im Dunkeln der Nacht doppelt wirksam sein. Bhimas riesiger Sohn freute sich des Auftrages und fuhr unter die Kaurava, wie der Tiger unter die Kühe. Seine mächtige Keule brach sich Bahn durch Scharen von Feinden. Wenn ein Elefant durch das Röhricht stampft, so fallen nicht mehr Halme, als Kurukrieger unter der Waffe des furchtbaren Riesen. Voll Entsetzen sandte Durjodhana den Riesen Alajudha, einen Vetter Vakas, gegen den Koloß. Aber Ghatotkatscha enthauptete den Gegner mit einem Schlag seines Schwertes. Dann griff er das blutige Haupt, drang mitten durch die Feinde bis vor Durjodhana und warf es dem Entsetzten in den Wagen. »Vor einem König soll man nicht mit leeren Händen erscheinen << rief er lachend. Doch in diesem Augenblick kam Kama gefahren und eröffnete den Kampf gegen den Riesen mit einem Pfeilhagel. Lange. wehrte sich dieser mit Zauber- waffen, aber dem gewandten Sohn des Sonnengottes konnte er nicht widerstehen. Mit furchtbarem Gebrüll hob er sich in die Lüfte, um zu fliehen. Da warf Karna die nie fehlende Indralanze: Mit durchbohrter Brust stürzte der Riese aus der Luft, im Fall noch einen Heerhaufen der Kaurava erdrückend. Die Lanze aber stieg leuchtend am dunklen Firmament empor und kehrte in die Hand des Götterkönigs zurück. Kaurava und Pandava schrien voll Trauer um die schweren Verluste dieses Kampfes, aber Krischna sprach jubelnd zu Ardschuna: »Die totbringende Waffe ist nicht mehr in Karnas Hand: jetzt bist du ihm gewachsen!« Die Heerführer gaben nun das Zeichen zu einer kurzen Rast, und die ermüdeten Krieger und ihre Tiere streckten sich auf dem Schlachtfelde zum Schlafe hin. Am frühen Morgen befahl der Feldherr Dhrischtadjumna einen Massenangriff auf den greisen Drona, dessen geschickte Heerführung die Pandavatruppen so arg bedrängte. Zwanzig der stärksten Recken umkreisten in ihren Wagen den tapferen Waffenmeister, aber er stand aufrecht und führte die Waffen so ruhig und sicher, wie einst in der Arena vor seinen Schülern. Bhima hatte sich wieder gegen eine Elefantentrup- pe gewendet, denn der Kampf mit diesen riesigen Gegnern freute den Sohn des Sturmgottes am meisten. Manchen hatte er schon erlegt, viele zur Flucht in die Heerhaufen der Kuru getrieben, als plötzlich der Malavafürst Indravarman auf einem übermächtigen Bergelefanten gegen ihn antrabte. >>Halloh! Starker Bhima!« rief er. >>Da kommt ein Tier, das dich nicht fürchtet! Mein Asvatthama ist der Stärkste unter seinen Brüdern und scheut vor keiner waffe!« >>Asvatthama heißt das gute Tierchen?« rief Bhima voll Hohn und überschüttete den gepanzerten Riesen mit Pfeilen. Aber der Elefant kehrte sich nicht an die abprallenden Geschosse und rückte langsam, mit eingerolltem Rüssel, gegen den Wagen Bhimas vor. Bhima warf dem Heranschreitenden seine Speere entgegen, aber auch die konnten den guten Panzer nicht durchschlagen. Schon war der Elefant da, ein Fußtritt zertrümmerte den Wagen und, wie eine Riesenschlange fuhr unter dem Panzer der Rüssel hervor, um Bhima zu fassen. Aber Bhima war schneller: Init starker Hand packte er den Rüssel und riß ihn mit gewaltigem Ruck aus dem Kopf. Stöhnend und blutüberströmt brach der Bergriese zusammen. Jauchzend schlug Bhima den Stürzenden, wie zum Hohn, mit dem blutigen Rüssel auf das Haupt, darm sprang er, seine Trophäe schwingend, davon und jubelte: »Damit hab‘ ich den starken Aswatthama erschiugen!« Krischna, Ardschuna und Judhischthira hörten den Jubel des Siegestrunkenen. Bhima mußte den Hergang erzählen, und der listenreiche Krischna riet: Bhirna solle seine jubelnde Rede vor Drona wiederholen. Sie fuhren alle dorthin, wo Drona noch immer im Kampfe gegen die vielen Gegner stand, und Bhima jubelte dort aus voller Kehle: >>Damit hab’ ich den starken Aswatthama erschlagen!« Drona erschrak, denn er glaubte, daß sein Sohn Aswatthama von Bhima erschlagen worden sei. Aber er ließ die Waffen nicht sinken und fragte den schweigenden Judhischthira: »Ist Aswatthama wirklich gefallen, du wahrheitlie- bender König der Gerechtigkeit? « »Ja, der Schlachtenriese ist tot!« sprach Judhischthira ernst, nachdem Krischna ihm einige Worte zugeflüstert hatte. »Wehe!« rief der Greis und ließ seine Waffen sinken. Dhrischtadjumna, dem der Gewaltige heute den Vater getötet hatte, sprang vor: Mit starkem Schwertsclflag schlug er das gebeugte Haupt des trauernden Greises vom Rumpf und warf es in die Heerhaufen der entsetzten Kaurava. |