Der Frohnhof |
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Nicht weit von Frankfurt am Main liegt der Badeort Soden, der früher zu Frankfurt am Main gehörte und dessen Namen von Salzsieden herstammt. Dort ist ein Hügel, welcher das Nadelkissen heißt, und auf dem vor alten Zeiten ein Kloster gestanden hat. In diesem Kloster lebte einst eine heilige Frau, die nicht nur beten, sondern auch waschen konnte. Ihre Wäsche aber hing sie nicht, gleich andern Waschweibern auf ein Seil zum Trocknen, sondern in die Luft, in die pure, leere Luft. Die Sodener Luft aber ist sehr gut und sehr gesund, nicht nur für Brustleidende, sondern auch für Weißzeug, das an zu großer Nässe leidet. Und die Luft heilte auch allemal die Bleichsucht der heiligen Frau und trocknete ihre Wäsche. Wenn die Sodener dies sahen, dann kamen sie heraus vor die Haustüren und konntenich nicht satt sehen an dem blauen Wunder. Auch solls ein Vorzeichen von schönem Wetter gewesen sein. Endlich aber musste wohl die heilige Frau nichts mehr zu waschen und zu bleichen haben oder war gar selbst verblichen; denn lange sahen die Sodener nichts mehr in der Luft schweben als blauen Dunst und düstre Wolken. Die Klostermauern aber fingen an, wacklig zu werden und einzustürzen. Da hieß es denn, die weiße Frau sei erlöst, ohne dass man wusste, wer das Erlösungswerk vollbracht. Die Bauern wollten nun das Kloster vollständig abreißen und ein neues an die Stelle bauen. Aber so oft sie auch begannen, alles fiel immer wieder ein. Da ward ihnen der Befehl, die verwünschten Steine unentgeltlich nach Frankfurt zu fahren; dort mussten sie den heute noch unvergessenen Frohnhof bauen, von dem die Frohnhofstraße den Namen hat. |